Eine Mokakanne wie eine Stele
Die (wunderbare) Eigenart des Menschen liegt ja darin, die Finger nicht von seiner Umwelt lassen zu können - selbst dann, wenn bereits die (scheinbar) besten Lösungen gefunden sind. Was für Mode und Inneinrichtung gilt, gilt auch für Mokakannen.
Das jüngste Beispiel für die immerwährende Kreativität des Menschen ist die »Menhir« aus dem Hause »Alessi«. Sie hat eine schlichte sechseckige Grundform, die oben von einem leicht schrägen Deckel abgeschlossen wird. Fertig.
Etwas komplizierter mutet der Griff an, der aus einer viereckigen Grundform besteht, die eine rautenförmige Abschrägung aufweist. Das wars aber jetzt wirklich mit der Gestaltung.
Ausgedacht hat sie sich der bekannte britisch-zypriotische Designer Michael Anastassiades. Sie können über ihn weiter unten noch einen Absatz nachlesen (und ein Portrait betrachten), wenn Sie wissen wollen, wem Sie Ihre nächste kleine Design-Kanne zu verdanken haben.
Noch ein Wort zum Namen: Der Begriff »Menhir« kommt aus dem Keltischen und setzt sich aus zwei Silben zusammen. »men« bedeutet »Stein« und »hir« nichts anderes als »lang«. Im ursprünglichen Sinne des Wortes bezeichnet »Menhir« (siehe: Koepf/Binding: Bildwörterbuch der Architektur, Stuttgart, 2022, S. 338) eine »aufrecht stehende, steinerne Stele, oft von gewaltigen Dimensionen (bis 20 m Höhe)« und war »Teil frühgeschichtl. kelt. Kultanlagen in der Bretagne (Megalithbau)«. So viel zum heutigen Bildungs-TV. Lexikon erwerbbar, siehe Link - Ankauf sehr empfehlenswert, sagt die kunsthistorische Fraktion der Moka Consorten.
Wollen Sie das Design dieser Mokakanne zeitlich einordnen, so würden wir einen Blick aufs Bauhaus und seine Vorliebe für Geometrie empfehlen. Oder doch mit einem auf Art déco? Das überlassen wir gerne Ihnen.
Qualitativ jedenfalls ist die Mokakanne erstklassig. Sie besteht aus Edelstahl 18/10, der Griff aus wärmeisolierendem thermoplastischen Harz in der Farbe Burgund. Der Kessel besteht ebenfalls aus Edelstahl, die Kanne ist also für Induktionsherde geeignet.
Technische Details
Hersteller: »Alessi S.p.A.«, Omegna (Italien)
Name: »Menhir«
Designer: Michael Anastassiades
Entwurfsjahr: 2024
Produktnummer: MA01
Material Kocher: Rostfreier Edelstahl (18/10) / Oberfläche glänzend
Besonderheiten I: für Gas-, Elektro-, Glaskeramik- und Induktions-Kochfelder geeignet
Besonderheiten II: Sicherheitsventil
Besonderheiten III: Wenn Sie die Kanne auf dem Gasherd verwenden, darf die Gasflamme nicht über den Kessel hinausschlagen
Maße 3 Tassen: Höhe: 18 cm / ø Boden 7 bzw. 8 cm / Gewicht: 585 gr
Maße 6 Tassen: Höhe: 21,5 cm / ø Boden 8,5 bzw. 9,5 cm / Gewicht: 845 gr
Füllmenge 3 Tassen: 150 ml
Füllmenge 6 Tassen: 300 ml
Reinigung: Nur mit Wasser reinigen; nicht spülmaschinen-geeignet; weder Stahlwolle noch Scheuermittel verwenden (Gefahr des Zerkratzens)
Vor dem 1. Gebrauch: mit Wasser ausspülen, mehrmals Kaffee kochen, wegschütten, dann erst loslegen
Hergestellt: in Italien
Lieferumfang: 1 Espressokocher im edlen Alessi-Karton
Ein Portrait von Michael Anastassiades
(c) Alessi
Näheres zu Michael Anastassiades
Der britisch-zypriotische Designer Michael Anastassiades oszilliert zwischen Produktentwürfen, Umweltdesignprojekten und experimentellen Arbeiten, die weit ins künstlerische Feld greifen. Erst absolvierte Anastassiades eine Ausbildung als Bauingenieur am »Londoner Imperial College of Science Technology and Medicine«, anschließend erwarb er den akademischen Grad eines Master's in Industriedesign am »Royal College of Art«. 1994 folgte die Gründung eines eigenen Studios in London, das es bis heute gibt.
Zu seinem ästhetischen Ansatz heißt es bei Alessi: »Seine Praxis umfasst sowohl industrielle Produktion als auch handwerkliche Techniken und wird von einer poetischen und zugleich strengen Interpretation von Technologie, Materialien und Funktion geleitet.«
Es versteht sich beinahe von selbst, daß der Designer eine Reihe von Preisen erhalten hat und sich seine Arbeiten in einer weiteren Reihe anerkannter Museen befinden u.a. im MoMA in New York, dem Victoria & Albert Museum in London sowie im MAK in Wien.
Die Alessis - eine Kürzestbiographie
Die Alessis, die dem Unternehmen ihren Namen gegeben haben, stammen aus einem Ort namens Omegna, der für seine lange Handwerks-Tradition bekannt ist und sich um die Jahrhundertwende zu einem Zentrum der metallverarbeitenden Industrie entwickelte - nicht zuletzt auch wegen der anderen bekannten piemontesischen Fabrikantenfamilie, der Bialettis (ja, genau der) und der Mottas. Die sitzen ebenfalls in Omegna. Die waren den Alessis kurz zuvor gekommen und hatten 1919 (ebenfalls in Omegna) einen Betrieb zur Herstellung von Espressokannen gegründet.
Anfangs firmierten die Allessis unter dem Kürzel »FAO«, was für »Fratelli Alessi Omegna« stand, und wurden vor allem mit der Produktion von Messingknäufen bekannt; zudem stellten sie verschiedene Haushaltsgegenstände her, unter anderem auch Tabletts, Zuckerdosen, Nussknacker, aber auch Kaffeekannen.
Design spielte bei den Alessis stets eine wichtige Rolle. Es sollte freilich bis zum Jahr 1955 dauern, dass die Alessis eine Tradition begründeten, der sie bis heute verbunden geblieben sind: der Zusammenarbeit mit externen Designern. Die nahmen sich dann einzelner Haushaltsartikel an und verwandelten sie in unverwechselbare, ästhetische Persönlichkeiten - was freilich nicht bedeutete, dass die solcherart wachgeküssten Objekte auch von praktischem Nutzen waren. Das wohl bekannteste Beispiel für ein ikonografisch gestaltetes, für den Alltagseinsatz aber gänzlich ungeeignetes Ding ist wohl Philippe Starcks Zitronenpresse namens »Juicy Salif«.
Die Liste der weltbekannten Designer, mit denen Alessi zusammenarbeitete, ist lang und eindrucksvoll. Zu ihnen gehören Philippe Starck und Ettore Sottsass ebenso wie Richard Sapper, Achille Castiglioni, Alessandro Mendini, Aldo Rossi, Norman Foster, Zaha Hadid, Jean Nouvel und Patricia Urquiola.
Die Alessis und Bialettis kommen nicht nur aus demselben Ort, sie sind auch miteinander verwandt, denn der legendäre Alfonso Bialetti (der Erfinder des »Moka Express«, yes) heiratete in die Alessi-Familie ein, weshalb auch Alberto Alessi eine wunderbare Hommage an seinen Großvater mütterlicherseits schreiben konnte (nachzulesen hier).